OP im Hochgebirge
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Paten von Back to Life,
wir grüßen Sie herzlich (ausnahmsweise einen Tag nach dem Vollmond) zum nepalesischen Neujahr! In Nepal beginnt heute das Jahr 2082 und während die Menschen das alte Jahr verabschieden, setzen sie ihre Hoffnungen in das neue. Den Menschen in unseren Projekten, unserem Team vor Ort und ihren Familien sowie ganz Nepal wünschen wir, dass es ein gutes, gesundes und perspektivenreiches Jahr werden möge.
An diese Hoffnung knüpft Dr. Arun K.C. mit seinem Bericht aus unserem Gesundheitscamp nahtlos an. Lesen Sie, wie der HNO-Facharzt vom Uniklinikum in Kathmandu zusammen mit Back to Life in einer Woche 14 Menschen im Hochgebirge durch Operationen vor Ort die Hörfähigkeit wieder schenkt, ein Leben rettet und soziale Wunden heilt.

Dolpa liegt im Westen Nepals, schwer zugänglich und medizinisch unterversorgt. Der Weg dorthin ist beschwerlich. Nach eineinhalb Tagen, zwei Flügen mit einer Landung auf 2.500 m, einer Fahrt im Pick-up über schwieriges Bergterrain und einem anstrengenden Fußmarsch, erreichten wir schließlich Dunai, den Ort des Gesundheitscamps. Bereits bei unserer Ankunft warteten Patienten in langer Schlange.
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„Als mich Back to Life anfragte, zusammen mit meinem OP-Team Ende März 2025 an einem einwöchigen medizinischen Einsatz in der abgelegenen Bergregion Dolpa teilzunehmen, sagte ich ohne Zögern zu. Es wurde mein sechster Einsatz mit Back to Life und ich wusste, dass mich in den Bergen körperliche Anstrengung, logistische Herausforderungen und emotionale Grenzerfahrungen erwarteten. Doch ich wusste auch, dass dort Menschen leben, die seit Jahren auf medizinische Hilfe hoffen.

Wir heilen auch soziale Wunden
In den folgenden Tagen untersuchten und behandelten wir 349 Patienten mit HNO-Beschwerden. Viele litten an chronischen, eitrigen Ausflüssen, Trommelfellperforationen, Hörverlust oder jahrelang verschleppten Nebenhöhlen- und Rachenentzündungen.
Das sind Erkrankungen, die in urbanen Zentren frühzeitig erkannt und behandelt werden, hier aber unbeachtet blieben und sich über Jahre verschlimmert hatten.
Gravierend mitzuerleben war das soziale Stigma, das auf den Menschen mit Ohrinfektionen in Dolpa lastete. Viele Patienten berichteten von Ausgrenzung: Sie wurden aufgrund des Geruchs gemieden, durften nicht an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen und entwickelten eine tiefe Scham. Für viele bedeutete die unbehandelte Ohrenerkrankung nicht nur einen medizinischen, sondern auch einen sozialen Ausschluss.
Ein Junge namens Lal Chandra kam mit einer schweren Ohrinfektion zu uns. Ohne Behandlung würde er seine bereits geschädigte Hörfähigkeit dauerhaft verlieren. Ein einfaches Antibiotikum hätte dies verhindern können, aber in dieser abgelegenen Bergregion ist selbst grundlegende Medizin ein unerreichbarer Luxus.
Wie bei jedem Gesundheitscamp von Back to Life stand nicht nur die medizinische Behandlung, sondern auch die Aufklärung über Ohr-Hygiene und die Prävention von HNO-Erkrankungen im Fokus. Die verschriebenen Medikamente erhielten die Patienten kostenfrei und jedem wurde die Anwendung einzeln erklärt.
Unsere Operationen verändern Leben
Bei 14 Patienten war klar: sie brauchten sofort eine Operation. Von früheren Einsätzen in den Bergen weiß ich, dass die Einheimischen für diese Eingriffe nicht nach Kathmandu reisen können. Selbst wenn Back to Life für Transport- und Behandlungskosten aufkommt, können die Menschen hier, die tagein tagaus um die Existenz kämpfen, ihre Feldarbeit nicht tagelang ruhen lassen.
Deshalb gehen wir seit 2022 neue Wege und operieren vor Ort. Mit diesem Gesundheitscamp steigt die Zahl unserer bisher geleisteten Operationen in den Bergen auf 131. Dafür richtete Back to Life in Dunai eine temporäre, mobile OP-Einheit ein und wir nahmen 14 Eingriffe mit lebensverändernden Resultaten vor. |


Lebensrettung durch schnelle Intervention
Bei der ersten Ansprache nach der OP war die Reaktion der Patienten stets die gleiche: Schock, Unglaube und Tränen der Freude. Ein älterer Herr zuckte vor Schreck zusammen, er hatte jahrelang in Stille gelebt. Ein junges Mädchen rief überrascht „Mama, bitte hör nicht auf zu reden. Erzähl mir etwas!“ Der Junge, Chandra Lal, vertraute mir nach der OP an, dass jetzt seinem großen Traum nichts mehr im Weg stehe. Er möchte gerne Polizist werden.
Der herausforderndste Fall war der eines neunjährigen Mädchens. Bimala Kulal litt unter einer aggressiven Ohrinfektion, die sich bereits in Richtung ZNS ausbreitete. Ihre Situation war akut lebensbedrohlich. Für diese OP brauchte ich die Bedingungen und Ausstattung der Uniklinik in der Hauptstadt. Back to Life transportierte das Mädchen und seine Mutter umgehend nach Kathmandu. Dort konnte ich sie ein paar Tage später operieren und ihr Leben retten.
Was wir in nur einer Woche in Dolpa leisten konnten, war vor allem exzellenter Teamarbeit zu verdanken: organisatorisch, medizinisch und menschlich. Die chirurgischen Eingriffe gaben 14 Menschen nicht nur ihr Gehör zurück, sondern auch Würde, soziale Zugehörigkeit und Selbstwert. Am letzten Tag fragte mich eine ältere Patientin, ob ich nach Dolpa zurückkommen werde. Ich antwortete ohne Zögern: Ja. Denn es gibt noch viele, die auf Hilfe warten.“
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Helfen Sie uns, diese lebenswichtige medizinische Hilfe fortzusetzen und weitere Health Camps in den entlegenen Bergregionen Nepals durchzuführen – auch im kommenden nepalesischen Jahr 2082, das neue Hoffnung für viele bringen soll.
Alles Liebe und Gute, namaste,
bis zum nächsten Vollmond, Ihr Team von Back to Life und Ihre/Eure
Stella Deetjen
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