Der kleine sechsjährige Bibek fiel mir sofort auf, als ich kürzlich (2018) unsere Programme und Schulen in Nuwakot besuchte. Nicht, weil er lautstark beim gemeinsamen Sport und Spiel herumtobte, sondern aufgrund seiner Schüchternheit und weil er mir quasi den ganzen Tag am Rockzipfel hing, mir überall hin folgte. Ich bemerkte eine tiefe Traurigkeit in seinem Blick, der oft ins Leere ging. Von seinem Lehrer erfuhr ich dann auf Nachfrage den Grund dafür: Seine Eltern leben zwar noch, dennoch gilt Bibek als „soziales Waisenkind“, da er ohne Mutter und Vater aufwachsen muss und den Grund dafür noch nicht verstehen kann.
Von allen verlassen
Sein 30-jähriger Vater ist starker Alkoholiker – sämtlichen Verdienst seiner Tagelöhnerarbeit investierte er stets direkt in seine Trinksucht. Seine Familie lebte dadurch in großer Armut. Wenn er abends schwer betrunken nach Hause kam, verprügelte er seine Frau. Eines Tages hielt diese das nicht mehr aus und lief davon, um danach niemals wieder zurückzukommen. Das hat den damals vierjährigen Bibek schwer traumatisiert.
Von dem Augenblick an, als seine Frau über alle Berge war, überließ auch der Vater den Sohn seinem Schicksal und kam einfach nicht mehr nach Hause. Bibeks Großeltern blieb nichts anderes übrig, als den einsamen Jungen aufzunehmen.
Sie geben ihr Bestes, den Jungen großzuziehen. Doch es fällt ihnen zunehmend schwerer, altersbedingt können sie kaum genug verdienen, um den Jungen und sich ausreichend zu ernähren. Die Großmutter Sita berichtet uns, dass sie Holz sammele, um es zu verkaufen, außerdem besitzen sie ein paar Ziegen – doch damit kommen sie eher schlecht als recht über die Runden. Die Großmutter beklagt außerdem, dass Bibeks Mutter sich nie nach ihrem Sohn erkundigt hätte. Sie lebe in einem anderen Dorf und habe eine neue Familie gegründet.
Ein weiter Weg, der sich lohnt
Damit Bibek einmal der Armut entkommen kann, schickt ihn die lebenstüchtige Großmutter jeden Tag zur Schule, auch wenn der Weg für den kleinen Bub weit ist. Bibek läuft täglich alleine den einstündigen steilen Weg vom Dorf Charghare zur Sansari Devi Schule. Keiner seiner Mitschüler kommt aus Charghare – somit gibt es niemanden, der den Erstklässler begleiten könnte. Das hat mich besonders berührt, dass die Großeltern trotz der schweren Umstände an die Zukunft des Enkels denken und ihn nicht einfach zur Kinderarbeit verpflichten, wie es so viele tun würden – gerade innerhalb der armen Tamang-Kaste. Die Schule macht Bibek Spaß und das Zusammensein mit Gleichaltrigen lenkt ihn gewiss von der Trauer über den Verlust der Eltern ab.
Zuwendung, die Bestand hat
Back to Life wird sich der Zukunft des Jungen annehmen und ihn fortan unterstützen. Mit einer neuen Schuluniform, Tasche und Lernmaterial geht es los: Wenn Bibek im Gegensatz zu seinen Mitschülern schon kein reguläres Familienleben hat, so soll er sich zumindest nicht äußerlich von seinen Mitschülern unterscheiden müssen.
Außerdem haben wir den Großeltern neue Decken, Kissen, Kochgeschirr und andere wichtige Haushaltsgegenstände gestiftet, damit sich die Wohnbedingungen in der sehr beengten Hütte, die sie gemeinsam mit Bibek bewohnen, verbessern.
Bibek wird, wie alle Patenkinder, regelmäßig von unserem Patenschaftsteam zu Hause besucht. So können wir feststellen, wie es der Familie geht. Wir nutzen den Besuch, um relevante Themen mit den Eltern/Großeltern zu besprechen. Von der Gesundheitsvorsorge, der richtigen Ernährung bis hin schulischen Entwicklung des Kindes. Auch während der Corona-Krise stehen wir ihnen bei.