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Im Gespräch mit Raj Bahadur Budha, der gradlinig und unbeirrbar seinen Weg geht.

Raj Bahadur Budha stammt aus einer armen Familie in der Bergregion Mugu und wurde gehörlos geboren. Sein Leben war voller Herausforderungen: In seinem abgelegenen Heimatdorf im Bezirk Libru wurde er immer wieder wegen seiner Behinderung diskriminiert. Heute aber ist Raj gewählter Schatzmeister der Provinz Karnali bei der National Deaf Association of Nepal, dem Verband der Gehörlosen Nepals.

Nach Raj kamen noch zwei seiner Geschwister gehörlos zur Welt. Sushila und Prakash besuchen heute die gleiche Schule, in der Raj seinen Abschluss gemacht hat. In Mugu gab es keine Krankenhäuser und Ärzte, die das Hörproblem und dessen Ursache hätten diagnostizieren können. Rajs Mutter hoffte, der Dorfschamane könne die Kleinen „heilen“ – aber vergeblich. Rajs Vater bemühte sich sehr darum, seinen Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen, doch es gab weit und breit keine Schulen, die Gehörlose unterrichten konnten. Irgendwann erfuhr er von einem Gehörlosen-Internat der staatlichen Schule in Gamgadhi, der kleinen Distrikthauptstadt in Mugu. Leider stellte sich heraus, dass es sich um eine normale Schule handelte, die nur von wenigen gehörlosen Kindern besucht wurde. Es gab auch keine Lehrer, die Gebärdensprache beherrschten. Doch Rajs Vater dachte: „Besser als gar nichts“, und brachte seinen Sohn nach Gamgadhi.

Dank des Engagements und der Bemühungen seiner Eltern hat Raj alle Probleme gemeistert und sich, gemeinsam mit seinen Geschwistern, jeder Situation mutig gestellt. Seine inspirierende Geschichte zeigt, dass man im Leben immer etwas tun und erreichen kann. Diese positive Einstellung hat Raj zu einer Position verholfen, in der er als wichtiges Mitglied des Verbands der Gehörlosen Strategien für die Regierung erarbeiten kann.

Wie Raj das erreicht hat, vermittelt der folgende Auszug aus einem Interview, das Mahesh Pant, unser Back to Life-Mitarbeiter in Mugu, geführt hat.

Mahesh: Stellen Sie sich doch bitte erst einmal selbst vor.

Raj: Mein Name ist Raj Bahadur Budha. Ich bin 25 Jahre alt und habe fünf jüngere Geschwister. Meine Eltern sind Bergbauern. Als erster Gehörloser aus Mugu habe ich an einer Universität studiert – dem Central Campus for the Deaf in Kathmandu – und einen Bachelorabschluss gemacht. Zwei Jahre lang war ich für Back to Life als Gebärdensprachlehrer im Mahakali Deaf Hostel tätig. Zurzeit bin ich Schatzmeister der National Deaf Association of Nepal.

Mahesh: Das ist wirklich großartig. Könnten Sie uns etwas über Ihre Ausbildung erzählen?

Raj: Schon mit fünf Jahren kam ich in die Grundschule in Libru. Das war alles andere als einfach für mich, da ich zusammen mit hörenden Kindern unterrichtet wurde. Später brachte mich mein Vater nach Gamgadhi zur Mahakali Secondary School und meldete mich beim angeschlossenen Gehörlosen-Hostel (Wohnheim) an. Ich kam in die 5. Klasse und fühlte mich sehr wohl, weil es noch zwei Dutzend andere Kinder wie mich gab. Endlich hatte ich das Gefühl, als Gehörloser nicht allein auf der Welt zu sein!

Doch zugleich war es schwer für mich, von meiner Familie getrennt zu sein; Gamgadhi ist gut 24 Stunden zu Fuß von meinem Dorf entfernt und ich hatte großes Heimweh. Aber allmählich gewöhnte ich mich an die Situation, als ich im Hostel neue Freunde fand. In der Schule strengte ich mich an und meine Lehrer sagten sogar, ich sei besonders intelligent. Das ermutigte mich und machte mich sehr glücklich. Nach meinem Schulabschluss im Jahr 2015 ging ich nach Kathmandu. Dort studierte ich an der Central School for the Deaf in Naxal, und 2020 habe ich an der Fakultät für Bildung meinen Bachelor-Abschluss gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits ausgebildeter Gebärdensprachlehrer.

Mahesh: Was war Ihre Motivation, als Lehrer und Betreuer im Kinderwohnheim der Mahakali-Schule zu arbeiten?

Raj: Ich war sechs Jahre lang Schüler in diesem Gehörlosen-Wohnheim. Schon damals habe ich gemerkt, dass gute Kenntnisse in der Gebärdensprache und ein qualifizierter Lehrer den gehörlosen Kindern in der Schule enorm weiterhelfen. Durch unsere großartige Heimleiterin Hansa Devi merkte ich, dass gute Kenntnisse in der Gebärdensprache und ein qualifizierter Lehrer den gehörlosen Kindern in der Schule enorm weiterhelfen. Deshalb wollte auch ich zukünftig Kinder aus Mugu unterstützen, die gehörlos sind. Back to Life hat mir erst durch meine Ausbildung und dann durch die Arbeit im Wohnheim die Möglichkeit gegeben, meinen Traum zu erfüllen. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich dort das umsetzen konnte, was ich wollte, wie Workshops und regelmäßige sportliche und soziale Aktivitäten mit den Kindern.

Mahesh: Jetzt arbeiten Sie nicht mehr dort. Warum haben Sie die Stelle aufgegeben?

Raj: Vor kurzem wurde ich zum Schatzmeister des Gehörlosenverbands für die Provinz Karnali gewählt. Das ist eine große Verantwortung, der ich gerecht werden möchte. Doch ich wollte meine Arbeit im Wohnheim nicht aufgeben, ohne für einen guten Ersatz zu sorgen. Und ich konnte meinen Freund Bhanubhakta, der in einer Gehörlosenschule im östlichen Teil Nepals arbeitet, dafür gewinnen, meinen Platz einzunehmen. Da er aus Mugu stammt und ebenso im Mahakali School Hostel studiert und gelebt hat, war er sehr erfreut, die Stelle übernehmen zu können.

Mahesh: Was genau tun Sie beim Gehörlosenverband? Welche Ziele möchten Sie erreichen?

Raj: Meine Aufgabe ist es, Strategien zur Verbesserung der Situation von Gehörlosen in Nepal zu erarbeiten; ihre Rechte haben für mich oberste Priorität. In den Köpfen der Menschen ist die Einstellung gegenüber Gehörlosen leider nicht sehr positiv. Wir werden oft bevormundet und gemobbt. Mein Ziel ist es, dass Gehörlose ein respektvolles und würdevolles Leben führen können. Um das zu erreichen, möchte ich mit gleichgesinnten Organisationen zusammenarbeiten und Unterstützung von allen Interessengruppen bekommen, die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzen. Auch Back to Life arbeitet so, deshalb glaube ich fest daran, dass es funktionieren wird.

Ich plane eine Initiative dafür, dass alle Gehörlosen in Karnali Zugang zu Schulungen in Gebärdensprache bekommen. So können sie mit der Welt um sie herum in Kontakt treten. Ein weiteres Problem ist, dass es für Gehörlose im Alltag viele Kommunikationsbarrieren gibt. Deshalb möchte ich erreichen, dass die Regierung in allen öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Gemeindeämtern und Schulen Gebärdendolmetscher bereitstellt.

Mahesh: Möchtest du zum Abschluss noch etwas über Back to Life und das Projekt sagen?

Raj: Back to Life hat schon viel für hilfsbedürftige Menschen getan. Bhanubhakta und ich konnten Vorbilder werden, dank Back to Life. Ich möchte auch gern noch ein paar weitere Beispiele aus dem Mahakali-Wohnheim nennen: Ratan, Surendra, Hansila und Yojana haben die 12. Klasse abgeschlossen und arbeiten jetzt in einem Hotel in Kathmandu. Saguna, Koseli und Ganesh werden demnächst die 12. Klasse abschließen und sind ebenfalls auf dem Weg in ein selbstständiges Leben. Ich schätze die Arbeit von Back to Life sehr und kann nur sagen: Vielen, vielen Dank.

„Es war ein Segen für die Kinder, dass Back to Life die Genehmigung für einen Neubau erhielt. Das neue Gebäude hat zwei separate Blöcke für Jungen und Mädchen mit jeweils eigenen Zimmern für die Betreuerinnen und Betreuer. Es gibt Lernräume, einen Mehrzwecksaal und einen Computerraum sowie genügend Badezimmer. Die Küche ist sehr gut ausgestattet und hat einen separaten Lagerraum, neben der Küche befindet sich ein schöner, geräumiger Speisesaal mit einem Fernseher an der Wand. Alle Kinder können gemeinsam im Speisesaal essen. Es fühlt sich an wie das Zuhause einer sehr großen Familie.“

Raj Bahadur Budha

BACK TO LIFE UND DIE GEHÖRLOSEN KINDER IN MUGU

In den abgelegenen Bergregionen erfahren Menschen mit Behinderungen keine bis wenig Hilfe. Die Wenigsten können ein selbstbestimmtes Leben führen. Seit 2011 engagiert sich Back to Life für die Kinder und Jugendlichen der Mahakali-Gehörlosen-Einrichtung in Mugu. Was am Anfang als einzelne Hilfsaktionen gemeint war, entwickelte sich über die Jahre in eine regelmäßige Unterstützung, die wir stetig steigerten, weil die Provinzregierung das Wohnheim finanziell nicht genügend unterstützen konnte. Die Lebensqualität sowie die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen litt darunter. Das alte Wohnheim verfiel, war stark renovierungsbedürftig und bot nicht genügend Platz für alle Kinder. Dennoch dauerte es Jahre, bis Back to Life 2021 die behördliche Genehmigung erhielt, ein neues Kinderwohnheim bauen zu dürfen.

Wir finanzieren seit Jahren die Leiterin und Lehrerin des Kinderwohnheims sowie weitere Betreuer, ausgebildet in der Gebärdensprache. Außerdem unterstützen wir die Schule und das angeschlossene Wohnheim mit Ausstattung, von Lehr- und Lernmaterialien bis hin zu Computern und Mobiliar. Die Schüler und Schülerinnen erhalten sowohl Schul- als auch private Kleidung sowie Hygieneartikel. Die Küche wird monatlich mit Proviant ausgestattet.

Auch für medizinische Hilfe sorgt Back to Life im Krankheitsfall. Selbstverständlich haben wir alle Kinder von HNO-Ärzten untersuchen lassen, ob ihre Hörfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Das ist nicht der Fall bisher.

Im Jahr 2022 stellte Back to Life den Bau eines neuen Schulwohnheimes mit Raum für 32 gehörlose Kinder fertig. So erhielten die Jungen und Mädchen endlich eine kinderfreundliche und für sie förderliche, schöne Umgebung. Unser Ziel dabei ist ganz klar: Selbstbestimmung.

Back to Life e.V.