Kein Berg
zu hoch,
kein Weg
zu weit!
Kein Berg zu hoch,
kein Weg zu weit!
Der inspirierende Werdegang des gehörlosen Raj aus dem Himalaya.
„Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Paten von Back to Life,
für Raj und zwei seiner insgesamt fünf Geschwister war es bereits von Geburt an besonders schwer: Sie wurden gehörlos geboren, was für die sowieso arme Bauernfamilie in der Bergregion Mugu eine immense Herausforderung darstellte. Gehörlos zu sein, bedeutet dort auch heute noch Diskriminierung und Stigmatisierung. In den abgelegenen Bergregionen erfahren Menschen mit Behinderungen keine bis wenig Hilfe. Die Wenigsten können ein selbstbestimmtes Leben führen.
Rajs Vater war es deshalb wichtig, dass seine Kinder eine Schulausbildung erhalten sollten. Von seinem schwierigen Bildungsweg berichtet der heute fünfundzwanzigjährige Raj selbst:
„Die Grundschulzeit in meinem Dorf war alles andere als einfach für mich, da ich zusammen mit hörenden Kindern unterrichtet wurde. Niemand kannte die Gebärdensprache, auch ich nicht. Ich wurde ausgeschlossen und ausgelacht. Als mein Vater von einem Schulwohnheim für gehörlose Kinder in Gamgadhi hörte, brachte er mich dort hin. Die Distrikthauptstadt von Mugu (ca. 2500 Einwohner) liegt einen Tagesmarsch von unserem Dorf entfernt. Ich war damals ungefähr 10 Jahre alt.
Fortan lebte ich im Mahakali-Gehörlosen-Wohnheim. Anfangs litt ich unter starkem Heimweh nach meiner Familie, doch das besserte sich, als ich Freunde fand. Ich besuchte die staatliche Secondary School und kam in die 5. Klasse. In der Schule fühlte ich mich sehr wohl, weil es neben den hörenden auch noch zwei Dutzend Kinder wie mich gab. Endlich hatte ich das Gefühl, als Gehörloser ebenso ein ganz normaler Junge zu sein wie alle anderen auch!
Schnell stellte sich jedoch heraus, dass selbst an dieser Schule keiner der Lehrkräfte die Gebärdensprache beherrschte. Die hörenden Mitschüler waren klar im Vorteil – trotzdem konnte ich mithalten. Ich wollte unbedingt ein guter Schüler sein. Dass ich dem Unterricht folgen konnte und gute Noten ablegte, habe ich ganz und gar Hansa Devi zu verdanken. Die Heimleiterin des Wohnheims unterrichtete uns nach der Schule in Gebärdensprache. Den Schulstoff mit ihr zu erarbeiten, indem wir unsere Fragen stellen konnten, auf die wir auch Antworten bekamen, hat uns sehr geholfen und motiviert. Mit dem Erlernen der Gebärdensprache eröffnete uns Hansa Devi den Zugang zur Welt. Nach ein paar Jahren brachte mein Vater auch meine beiden gehörlosen Geschwister hierher und ich half ihnen beim Erlernen der Gebärdensprache.“
Raj wird zum Vorbild – der erste gehörlose Hochschulabsolvent aus der Bergregion Mugu
Nach dem Abitur ging Raj nach Kathmandu und studierte dort zielstrebig Pädagogik am Central Campus for the Deaf. Als erster Gehörloser aus der Bergregion Mugu (67.000 Einwohner) schloss er den Bachelor ab und war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebildeter Gebärdensprachlehrer. Dann geschah etwas Außergewöhnliches: Er kehrte in die Berge nach Mugu zurück. Die meisten, die es in die Hauptstadt schaffen, setzen alles daran, in Kathmandu zu bleiben. Wir freuten uns sehr, als er sich bei Back to Life um einen Job bewarb. Zwei Jahre lang war Raj anschließend voller Freude für Back to Life als Gebärdensprachlehrer und Betreuer für die gehörlosen Kinder im Wohnheim tätig. Was ihn dazu motivierte, formuliert er selbst:
Ich war Schüler im Mahakali-Gehörlosen-Wohnheim, ebenso wie meine Geschwister. Durch unsere großartige Heimleiterin Hansa Devi merkte ich, wie wichtig das Erlernen und Weitergeben der Gebärdensprache ist und wie sehr qualifizierte Lehrer den gehörlosen Kindern in der Schule weiterhelfen können. Nur so wird für uns ein selbstbestimmtes Leben möglich. Back to Life hat in den vergangenen Jahren das Heim auf vielfältige Weise unterstützt und am Leben erhalten. Mit dem Bau des neuen Schulwohnheims und dessen Fertigstellung im Jahr 2022 sind unsere Chancen weitergewachsen. Mir liegt es sehr am Herzen, für die gehörlosen Kinder aus Mugu da zu sein. Gerne möchte ich ihnen ein Vorbild sein und zeigen, dass wir alles erreichen können im Leben, was wir uns vornehmen. Back to Life hat mir die Möglichkeit gegeben, meinen Traum zu erfüllen“, sagt Raj.
Genau der Richtige für eine große und wichtige Aufgabe
Vor Kurzem ist der sympathische Fünfundzwanzigjährige zum Schatzmeister des nationalen Gehörlosenverbandes für die gesamte Provinz Karnali (1,7 Millionen Einwohner, die ärmste Provinz Nepals, zu der auch die Bergregion Mugu mit ihren 67.000 Einwohnern gehört) gewählt worden. Auf die Frage, was er in seiner neuen Position erreichen möchte, antwortet Raj selbstbewusst:
„Mich für die Rechte der gehörlosen Menschen in Nepal einzusetzen und diese zu stärken, ist mein oberstes Ziel. Sie sollen endlich ein würdevolles Leben führen können und nicht mehr bevormundet werden. Ich plane eine Initiative, die allen Gehörlosen in der Provinz Karnali den Zugang zu Schulungen in Gebärdensprache ermöglichen soll. Gleichzeitig möchte ich Kommunikationsbarrieren für Gehörlose abbauen, indem ich die Regierung davon überzeuge, in öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Gemeindeämtern und Schulen Gebärdendolmetscher bereitzustellen.“
Wie Back to Life den gehörlosen Kindern im Hochgebirge hilft:
Wir finanzieren seit Jahren die Anstellung der Leiterin und Lehrerin des Kinderwohnheims sowie weitere Betreuer wie Raj, ausgebildet in der Gebärdensprache. Außerdem unterstützen wir das Wohnheim mit Ausstattung, von Lehr- und Lernmaterialien bis hin zu Computern und Mobiliar. Die Schüler und Schülerinnen erhalten sowohl Schul- als auch private Kleidung sowie Hygieneartikel. Die Küche wird von uns monatlich mit Proviant bezuschusst.
Auch für die wichtige medizinische Hilfe im Krankheitsfall sorgt Back to Life. Selbstverständlich haben wir alle Kinder von HNO-Ärzten untersuchen lassen, ob ihre Hörfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Das ist nicht der Fall bisher.