Vom Fluch im Kuhstall zu
3000-fachem Segen
„Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Paten von Back to Life,
kaum etwas hat mich und damit die Projekte von Back to Life derart geprägt wie meine Begegnung 2010 mit Sushila, einer Frau aus den Bergen Mugus in Nepal. Sie gewährte mir Einblick in eine althergebrachte Praxis, die großes Leid über die Frauen bringt.
Aufgrund einer Geisterfurcht darf im Haus kein Blut fließen. Die Frauen müssen während der Menstruation aber vor allem für die Geburt, in den Kuhstall und dort ihre Kinder zur Welt bringen, allein und ohne Hilfe. Viel zu oft seien Leben zu beklagen, das der Mutter oder des Neugeborenen. Die Angst der Frauen vor der Geburt sei erdrückend, erfuhr ich von Sushila. Nach der Geburt noch bis zu 20 Tage mit dem Neugeborenen im Kuhstall verbleiben zu müssen, führt oft zu schwerwiegenden Infektionen aufgrund der unhygienischen Zustände. Manche Frauen leiden ihr Leben lang unter den Folgeerscheinungen.
Sushila zeigt Stella, wo die Kinder auf die Welt kommen müssen.
Statt Verbot lieber ein Angebot
Diese Tradition wird Chhaupadi genannt und macht die Berge Nepals zu einem gefährlichen Ort für Frauen -mit einer der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsraten weltweit. Offiziell verboten, wird Chhaupadi jedoch gerade in den abgelegenen Bergregionen im Westen Nepals immer noch angewandt. Daran wollte ich mit Back to Life etwas ändern. In Form einer nachhaltigen Lösung, welche in Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort Glaube, Tradition und Frauengesundheit vereint. Heute kann ich sagen: Unsere daraufhin entstandenen 15 Geburtshäuser schaffen diesen Spagat und die auf den heutigen Tag genau sechs Monate zurückliegende Geburt unseres 3000. Back to Life-Babys bestätigt den Erfolg.
Unser 3000. Meilenstein ist weiblich
„Als die Wehen meiner Frau Puja um 3 Uhr nachts einsetzten, klopfte ich an die Türen der Nachbarn und bat sie um Hilfe. Zu viert schulterten wir sie auf einer Trage und erreichten gegen 7 Uhr morgens das Geburtshaus in Gamtha zu Fuß über die Bergpfade“, berichtet Padam, der Ehemann.
Unsere Hebammen, Nirmala und Ainkala, haben die werdende Mutter während der Schwangerschaft begleitet und insgesamt 8 Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt. Sie erwarteten eine einfache Geburt und wenig später kam die kleine Rihana, unser 3.000. Jubiläumsbaby, zur Welt. Der nun zweifache Vater Padam strahlte: „Ich bin sehr glücklich, dass meine Frau und das Baby gesund und munter sind. Ich danke den Hebammen und Back to Life zutiefst. Ohne das Geburtshaus hätten wir viele Ängste ausgestanden.“
Frauengesundheit vom Tabu befreien
Auch nach der Geburt stehen die Hebammen den Frauen weiterhin zur Seite. Neben den Nachsorgeuntersuchungen klären sie einzeln und in Kursen über die Schwerpunktthemen zur Mutter-Kind-Gesundheit auf, von der Hygiene zur Vermeidung von Krankheiten bis zur Herstellung eines nahrhaften Babybreis aus lokalen Getreiden, um der Mangelernährung entgegenzuwirken.
Aber auch Tabuthemen werden – und das ist wichtig – geschlechterübergreifend angesprochen wie die Menstruationshygiene, um die Frauen von einem jahrhundertealten „Makel“ zu befreien. Die Frauen lernen, hygienische Monatsbinden selbst herzustellen und für ihre menstruale Gesundheit Sorge zu tragen. Ebenso klären unsere Hebammen die Ehepaare über Familienplanung und Empfängnisverhütung auf. Die Größe ihrer Familie selbst bestimmen zu können, stärkt die Frauen und bewahrt die Familien vor der Armutsspirale.
In Nepal hat der sechsmonatige Geburtstag eine besondere Bedeutung
Auf unsere Frage, wie es der kleinen Rihana heute geht, erhalten wir aktuelle Fotos aus Gamtha und ein kleines Update, das wir gerne mit Ihnen teilen möchten:
Die beiden Hebammen Nirmala und Ainkala sehen Mutter und Tochter regelmäßig zu Untersuchungen und wenn Kurse oder Treffen im Geburtshaus stattfinden. Rihana entwickelt sich prächtig und ist gesund. Für die Familie steht heute ein großes Fest an, denn sie feiert die traditionell hinduistische „Pasni“- Zeremonie, bei welcher das Baby zum ersten Mal nicht mehr nur gestillt, sondern mit Reis gefüttert wird. Zuerst wird Rihana mit rot gefärbten Reiskörnern an der Stirn markiert und gesegnet. Dann wird sie feierlich im Beisein der Familie und der weiteren Verwandtschaft mit Reis gefüttert. Dafür werden gekochte, feuchte Reiskörner zu kleinen Kugeln geknetet. Es ist das erste Mal, dass das Kind feste Nahrung zu sich nimmt. Von heute an erhält Rihana jeden Tag ein wenig Reis und die Eltern freuen sich, dass ihr Baby einen großen Entwicklungsschritt getan hat.
Unser Beitrag zur Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeitsrate
Bis zum Jahr 2030 dürfen, orientiert an den UN-Nachhaltigkeitszielen, maximal 75 Todesfälle je 100.000 Geburten erfolgen. Ein Ziel, dem wir uns immer weiter nähern: Im Vergleich zum Jahr 1996 hat sich die Müttersterblichkeitsrate fast um ein Fünffaches auf 118 Todesfälle pro 100.000 Geburten verringert. Der aktuelle Erfolg ist das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit der nepalesischen Regierung, verschiedener nichtstaatlicher Organisationen und nepalesischen NGOs. Mit mittlerweile 15 aktiven Geburtshäusern und vier weiteren im Bau befindlichen, leisten wir von Back to Life einen entscheidenden Beitrag – insbesondere im abgelegenen Hochgebirge.
Jedes Geburtshaus ist ein Werk der Gemeinschaft
Für den Bau der Geburtshäuser kaufen wir kein Land, sondern nutzen das von der Gemeinde zur Verfügung gestellte öffentliche Land. Vor Ort binden wir die Menschen von Anfang an über Baukomitees in den Prozess und die Bauarbeiten ein. Unser Bauleiter kümmert sich mit seinem Team um die Planung und die erdbebensichere Konstruktion regulärer Empfangs-, Untersuchungs- und Entbindungssäle, sowie um die sanitären Anlagen, die Wasser- und die Stromversorgung durch Solar. Separat wird ein Küchengebäude gebaut und ein Garten angelegt für frisches, nahrhaftes Gemüse und Obst.
Aufgrund der Abgeschiedenheit und der Knappheit an Baumaterialien durch den Mangel an Infrastruktur ist jeder Bau im Hochgebirge eine herausfordernde Aufgabe. Wir verwenden soweit möglich, lokale Materialien sowie lokale Techniken. Die Dorfgemeinschaften arbeiten am Bau mit, sie heben das Fundament aus, tragen Baumaterial heran und lokale Schreiner tätigen die Holzarbeiten. Wenn das Geburtszentrum schließlich eröffnet wird, ist es der Erfolg und auch der ganze Stolz der Gemeinde gemeinsam mit Back to Life.
Sie möchten etwas bewirken?
Wir sind sehr dankbar, dass unsere Spender uns ermöglichen, den Menschen vom ersten Tag ihres Lebens einen besseren Start zu bieten. Unsere Geburtshäuser sind ein großer Schritt in Richtung Frauengesundheit und gemeinsam werden wir erreichen, dass die Kuhstallgeburten der Vergangenheit angehören werden.
Liebe Freundinnen und liebe Freunde, Sie möchten gerne Anteil nehmen und auch die fünf- und zehntausendste Geburt mit uns als Meilenstein für die Frauen in den Bergen Nepals realisieren? Dann freuen wir uns, wenn Sie eine Geburtshauspatenschaft übernehmen.
Namaste, alles Liebe und Gute,
Ihre Tara-Stella und das Back to Life-Team