Von der Nothilfe zu unserem größten Bauprojekt
FEUER! Wenn dieser Ruf in einem abgelegenen Bergdorf erschallt, ist klar, das kann schnell zur Katastrophe werden. Genauso war es im Mai 2018 in Kimri, einem Bergdorf in Mugu. Aus einer häuslichen Feuerstelle zum Kochen wurde ein Großbrand, der innerhalb eines Tages 19 Häuser komplett vernichtete, den Familien ihr sowieso karges Hab und Gut nahm und dazu noch unersetzliche Artefakte ihrer religiösen Lama-Kultur – teilweise viele Jahrhunderte alt – verbrannte. 112 Menschen – Alte, Junge, Eltern, Kinder, alle standen von jetzt auf gleich vor dem kompletten Nichts. Einen Monat vor Beginn des Monsuns waren alle Habseligkeiten, Kleidung, sämtliche Nahrungsvorräte und Saatgut für die nächste Aussaat sowie alles, was mühsam erspart war, nur noch Asche.
Wassermangel auf 3445 m Höhe
Das buddhistisch geprägte Bergdorf Kimri in Mugu liegt malerisch auf 3445 m Höhe. Umrahmt ist es von Viertausendern, die den Weg dorthin sehr beschwerlich machen. Die Gegend ist spärlich besiedelt, das nächstgelegene Dorf ganze 3 Stunden Fußmarsch entfernt. Es gibt hier keine Straßen, kein Stromnetz, das Dasein in den Bergen Nepals ist rudimentär und hart. Die Menschen leben seit Generationen hier, ihnen gehört das Land und sie betreiben Landwirtschaft und Viehzucht. In den Dörfern Mugus herrscht Wasserknappheit, es gibt so gut wie nirgendwo fließendes Wasser aus dem Hahn. Das benötigte Wasser für den Haushalt und zum Waschen muss täglich mühsam von der nächsten Wasserquelle herangetragen werden und die kann Stunden entfernt liegen. Auch in Kimri ist das der Alltag und so gab es nicht genügend Wasser vor Ort, um den Brand zu löschen.
Soforthilfe reicht nicht aus
Uns erreichten die schrecklichen Bilder in Kathmandu und sofort waren wir uns einig, dass wir hier helfen müssen. Dass daraus auch für uns eine ganz besondere Herausforderung und unser größtes Bauprojekt werden sollte, konnten wir anfangs noch nicht überblicken. Schnell stellte sich nämlich heraus, dass den Menschen mit unserer Nothilfe und der Hilfe zur Selbsthilfe, wie wir sie normalerweise anbieten, nicht ausreichend geholfen wäre.
Gemeinsamer Wiederaufbau
Als unsere Mitarbeiter vor Ort nach einem mehrere Tage dauernden Fußmarsch mit dringend Benötigtem wie Lebensmitteln, Kochgeschirr, Kleidung, Decken und Zeltplanen das Dorf erreichten, waren die Familien noch schwer traumatisiert. Die, die vorher alle schon in Armut gelebt hatten, hatten jegliche Perspektive und damit jede Hoffnung verloren. Wie sollten sie durch den Monsun, wie durch den harten Winter kommen und wie jemals wieder auf die Beine? Auf sich selbst gestellt, war der Wiederaufbau nicht zu bewältigen. Das Dorf wäre ausgelöscht, die Dorfbewohner müssten abwandern. Das wollte Back to Life verhindern. Nachdem durch Gespräche mit den Behörden klar wurde, dass keine Hilfe zu erwarten wäre, trafen wir eine weitreichende Entscheidung: Gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft würden wir die 19 Häuser wieder aufbauen.
Baustelle voller Herausforderungen
Die weit ab- und hochgelegene Baustelle wurde zur logistischen Kraftanstrengung besonderen Ausmaßes: Sämtliche Materialien mussten zu Fuß über hohe Berge ins Dorf gebracht werden, versierte Bauarbeiter, die es in der Gegend so gut wie nicht gibt, mussten aus anderen Teilen Mugus gefunden und angeworben werden. Bis zu 60 Personen arbeiteten auf der Baustelle unter der Anleitung unseres erfahrenen Bauleiters. Das Dorf platzte aus allen Nähten. 112 Menschen, die unter Plastikplanen lebten, plus die Bauarbeiter. Diejenigen, die nicht auf der Baustelle arbeiteten, kümmerten sich um die Mahlzeiten und das Trinkwasser für die Bauarbeiter und Träger. Ein jeder arbeitete unermüdlich.
Die Anstrengungen waren mit Erfolg bedacht: Nach einem Jahr Bauzeit standen alle 19 Häuser rechtzeitig vor dem nächsten Winter. Es war die größte und schwierigste Baustelle, die Back to Life je in den Bergen Nepals betrieb. Im Herbst 2019 konnten die Familien ihre neuen Häuser beziehen. Selbstverständlich wurde jedes Haus von den Lamas gesegnet und der Einzug von buddhistischen Riten begleitet.
Tsogyal Lama, ein Mönch aus dem buddhistischen Kloster des Dorfes, fasste es so zusammen: „Ihr habt nicht nur einen Unterschlupf für unsere Dorfbewohner gegeben. Ihr habt starke Häuser gebaut, indem Ihr Euer eigenes Herz in jeden Haushalt gelegt habt. Buddhas Segen für Euch.“
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