Unsere Hebammen sprechen die Frauen auf das Thema Empfängnisverhütung an. Die Reaktionen sind fast immer dieselben: die Frauen können es erst nicht glauben, dass es in ihrer Hand liegt, ob sie schwanger werden möchten oder nicht. Die meisten Frauen der armen Landbevölkerung sind Analphabeten und haben keinen Zugang zu modernen Medien. Verhütungsmittel sind ihnen unbekannt.
Unser Gesundheitsassistent führt in den Dörfern gemeinsam mit den Hebammen geschlechterübergreifende Aufklärungskampagnen zur Empfängnisverhütung durch. Damit sich wirklich etwas verändern kann, müssen auch die Männer erreicht werden. Gleichzeitig wird die Bevölkerung über Geschlechtskrankheiten und HIV informiert und die Möglichkeiten, sich zu schützen. Die Aufklärung findet jeweils in Absprache mit der lokalen Gesundheitsbehörde statt, die auch die Verhütungsmittel zur Verfügung stellt.
Die Möglichkeit zur Entscheidung künftig selbst zu bestimmen wann sie schwanger werden, ist eine alles verändernde Chance für die Frauen Nepals. Ein Schritt aus der Armutsspirale.
Neue Wege gehen
Es ist bereits ihr achtes Kind, dabei ist Sulachina Nepali erst 32 Jahre alt. Was in westlichen Ländern durchaus für Erstaunen sorgt, ist im westnepalesischen Distrikt Mugu Normalität: Großfamilien findet man in allen Bergdörfern dieses besonders armen Teils von Nepal. Der Grund dafür ist vor allem Unwissenheit. Darüber, wie man eine Familie plant und wie man sich vor ungewollten Schwangerschaften schützen kann.
Das Neugeborene und die Mutter erfreuen sich bester Gesundheit, alles ist gut gegangen – der Junge kam mit 2,5 Kilo Geburtsgewicht in unserem Geburtshaus in Kalai auf die Welt. Es ist Sulachinas vierter Sohn neben vier Töchtern. Sein Start ins Leben war wesentlich sanfter als der seiner sieben Geschwister, die alle noch im Kuhstall geboren wurden – unter verheerenden hygienischen Bedingungen. Da gab es noch kein Geburtshaus.
Unsere Hebamme nahm die junge Mutter zur Seite und sprach mit ihr eindringlich über Empfängnisverhütung. Kinder von kinderreichen Familien werden oft aus Geldmangel nicht zur Schule geschickt und verpassen so ihre Chance, durch Bildung aus dem Leben in Armut herauszuwachsen. Erkranken die Kinder, können sich die Eltern die Behandlungskosten und die Medikamente oft nicht leisten.
Sulachina antwortet, dass ihr die acht Kinder reichen: „Ich bin froh, wenn ich nicht jedes Jahr ein neues Kind bekomme. Im Geburtshaus habe ich nicht nur mit so viel guter Hilfe einen gesunden Jungen geboren, sondern ich habe auch so viel Neues gelernt. Mein Mann und ich werden jetzt neue Wege gehen.“